FSME durch Zecken (Frühsommermeningoenzephalitis)

Autor: Dr. rer. medic. Harald Stephan

Die Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) beschreibt eine durch Viren hervorgerufene Entzündung der Hirnhäute, die durch die Übertragung durch Zecken entsteht. Zecken injizieren die FSME Viren bei ihrer Blutmahlzeit mit dem Speichel.

Im Gegensatz zur Borreliose geschieht das bereits zu Beginn des Saugens, sodass eine zeitige Entfernung der Zecke keinen Schutz vor FSME bietet. Die wichtigsten Vorsorgemaßnahmen sind das Tragen geeigneter Kleidung sowie eine FSME-Impfung in ausgewiesenen Risikogebieten.

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Zecken
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Ursachen: Erreger von FSME

Verursacher der Frühsommer-Meningoenzephalitis ist das gleichnamige FSME-Virus, das zu den Flaviviren gehört. Sie haben eine einzelsträngige RNA als Erbsubstanz und sind durch eine Virushülle (Kapsid) geschützt.

Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) – Das Wichtigste auf einen Blick!

  1. FSME ist eine Viruserkrankung, die von Zecken übertragen wird.
  2. Die Infektion erfolgt während der Blutmahlzeit der weiblichen Tiere an einem menschlichen Wirt.
  3. Die Übertragung erfolgt sehr früh, da die Viren in den Speicheldrüsen sitzen. Im Gegensatz zu Borreliose bietet daher die frühe Entfernung der Zecke keinen Schutz.
  4. Nach anfänglichen grippeähnlichen Symptomen wie Fieber und Abgeschlagenheit kommt es in einigen Fällen zu einem zweiten Krankheitsgipfel, bei dem Gehirn, Rückenmark und Hirnhäute beteiligt sind.
  5. Die Entzündungen führen in etwa einem Prozent der Fälle zu einem tödlichen Verlauf.

Überträger von FSME: Zecken

Überträger von FSME ist meistens der Gemeine Holzbock (Ixodes ricinus). Selten sind Ixodes persulcatus, Auwaldzecken (Dermacentor spec.), Lederzecken (Ornithodorus spec., Argas spec.) oder andere Vertreter beteiligt.

Zecken gehören zu den Spinnentieren, wie sich an den acht Beinen leicht erkennen lässt. Entgegen dem weit verbreiteten Irrglauben, sie säßen auf Bäumen und würden sich bei Annäherung eines Opfers fallen lassen, sitzen die blutsaugenden weiblichen Zecken in Gras, Büschen und Sträuchern bis Knie- oder Hüfthöhe und warten darauf, abgestreift zu werden.

Besonders aktiv sind die Tiere bei Wärme und Feuchtigkeit, etwa nach einem warmen Sommerregen. Selbst im Herbst drohen Zeckenbisse und FSME, denn die Blutsauger fallen erst bei Temperaturen unter 5 °C in eine Kältestarre. Daher herrscht von März bis Oktober Zeckensaison.

Neben FSME übertragen die Tiere auch Borrelien (Borrelia spec.). Die Bakterien sind Erreger der Lyme-Borreliose (Borrelia burgdorferi) und des Rückfallfiebers. Letzteres kommt in Deutschland nur als importierte Reisekrankheit vor.

Sehr selten ist eine Übertragung von FSME durch die rohe Milch einer infizierten Kuh. Durch Kochen oder Pasteurisieren lassen sich die Viren zuverlässig abtöten.

Ursachen von FSME durch Zecken: So gelangen die Viren ins Blut

Der Holzbock erkennt einen potentiellen Wirt mit dem Hallerschen Organ am Ende der Vorderbeine. Dort sitzen Chemorezeptoren, die auf Kohlendioxid, Ammoniak, Schwefelwasserstoff und Buttersäure reagieren, wie sie für ein Säugetier typisch sind.

Hat die Zecke ein Opfer gefunden, krabbelt sie umher und sucht nach einer geeigneten Stelle zum Blutsaugen. Dabei bevorzugt sie Orte mit dünner Haut, hoher Luftfeuchtigkeit und guter Durchblutung: Kniekehlen, Achseln und Genitalbereich, bei Kindern Kopf und Nacken.

Der Zeckenbiss ist streng genommen ein Zeckenstich. Das Tier beißt mit seinem hochentwickelten Kieferklauen (Cheliceren) ein winziges Loch in die Haut und führt den mit zahlreichen Widerhaken versehenen Stechrüssel (Hypostom) in die Wunde ein. Ein spezieller Klebstoff sorgt dabei für ausreichende Haftung, sodass sich die Zecke nicht mehr ohne weiteres abstreifen lässt.

Damit die Blutgerinnung die Mahlzeit nicht vereitelt und das Opfer nichts mitbekommt, enthält der Speichel der Zecke ein blutgerinnungshemmendes Mittel und betäubende Substanzen. So kann sie unbemerkt saugen, bis ihr Hinterleib auf das bis zu 200-fache seines normalen Volumens angeschwollen ist. Danach zieht sie den Stechapparat ein und fällt ab. Nach Befruchtung legt das Weibchen bis zu 3000 Eier. Damit ist seine Arbeit getan, und es stirbt.

FSME-Viren werden bereits zu Beginn des Saugens durch die Zecke übertragen

FSME-Viren befinden sich bereits im Sekret der Speicheldrüsen der Zecke, sodass die Übertragung von FSME direkt nach dem Zeckenbiss beginnt. Eine schnelle Beseitigung des Blutsaugers bietet somit zwar einen Schutz vor Borreliose, nicht aber vor FSME.

Bei der Borreliose dauert die Übertragung eine Weile, da die verursachenden Bakterien im Mitteldarm der Zecke sitzen. Die Weibchen interessieren sich nur für die nahrhaften festen Blutbestandteile und pumpen das Blutplasma während der Mahlzeit kontinuierlich wieder zurück. Da dieses im Mitteldarm zwischengelagert wird, kommt es zu einer Übertragung der Borrelien.

Symptome einer Frühsommer-Meningoenzephalitis

Wie die meisten Beeinträchtigungen des Immunsystem äußert sich eine Infektion mit dem FSME-Virus zunächst in unspezifischen Beschwerden, wie man sie von einem grippalen Infekt kennt:

  • Fieber
  • Kopf- und Gliederschmerzen
  • Müdigkeit und Abgeschlagenheit
  • gegebenenfalls Übelkeit und Erbrechen.

Diese wenig aussagekräftigen Beschwerden sorgen dafür, dass die meisten Infektionen nicht bemerkt werden.

In etwa 10 Prozent der Fälle kommt es nach der ersten Krankheitswelle und einem fieberfreien Intervall zu einem zweiten Krankheitsgipfel. Hier haben die Viren das Zentrale Nervensystem befallen und sorgen für Entzündungen von

  • Gehirn (Enzephalitis),
  • Rückenmark (Myelitis) und/oder
  • Hirnhäute und Rückenmarkshäute (Meningitis).

Die häufigste Kombination aus Hirnentzündung und Hirnhautentzündung bezeichnen Mediziner als Meningoenzephalitis – daher der Name.

Folge dieser Entzündungsreaktionen sind neurologische Beschwerden wie

  • Taubheitsgefühl,
  • Lähmungen und
  • Bewusstseinseintrübungen.

Bei rund einem Prozent der Erkrankten verläuft FSME trotz Therapie tödlich.

Therapie der Frühsommermeningoenzephalitis

Eine kausale Behandlung der Viruserkrankung ist bisher nicht möglich. Daher gilt es die Beschwerden so gut es geht zu lindern. Bettruhe und die Gabe von Schmerzmitteln ist angebracht, wohingegen fiebersenkende Mittel und Glukokortikoide kontraindiziert sind. Eine Fiebersenkung begünstigt die Virusvermehrung.

In schweren Fällen wird eine intensivmedizinische Betreuung notwendig. Dazu gehören gegebenenfalls parenterale Ernährung und künstliche Beatmung.

Während Kinder vielfach einen symptomfreien bis leichten Verlauf zeigen, kommt es im fortgeschrittenen Alter immer häufiger zu Komplikationen. Studien zufolge sind die Folgeschäden bei 60 Prozent der über 15-Jährigen dauerhaft. Dazu gehören insbesondere neurologische Funktionsstörungen und psychische Beeinträchtigungen. Bei einem schweren Verlauf gesunden nur etwa 20 Prozent der Patienten, wohingegen die Hälfte lebenslange Schäden davonträgt und bis zu 30 Prozent innerhalb von zehn Jahren nach Infektion versterben.

Wichtigste Schutzmaßnahme: Zeckenbisse verhindern

In Risikogebieten sollte man im Frühsommer auf freie Hautpartien besonders an den Beinen verzichten. Die meisten Zecken lauern im Gras und warten darauf, von vorüberziehenden Opfern abgestreift zu werden. Mit langen Hosen und Strümpfen und geeigneten Schuhwerk lässt sich ein Zeckenbiss und damit eine Infektion mit FSME-Viren verhindern.

Ist man in einem Zeckengebiet unterwegs gewesen, empfiehlt es ein vollständiges Entkleiden, um den ganzen Körper gründlich auf mögliche Plagegeister abzusuchen.

FMSE-Impfung

Medizinerin Frauke Höllering empfiehlt in diesem Video: Wer sich gegen FSME durch Zecken impfen sollte:

Vorbeugung ist die beste Medizin. Neben dem Tragen geeigneter Kleidung in FSME-Gebieten bietet eine Impfung den besten Schutz. Die Grundimmunisierung sollte vorzugsweise im Winter erfolgen, damit im darauffolgenden Frühjahr eine ausreichende Immunisierung gegeben ist. Auffrischungsimpfungen werden Patienten unter 50 Lebensjahren alle fünf, ab 50 alle drei Jahre empfohlen.

Eine früher zugelassene postexponentielle Immunprophylaxe, also passive Impfung nach Zeckenbiss, wird in Deutschland nicht mehr angewendet.

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Quellen

  • Beise U, Kronenberg A, Huber F. [Tick-borne illnesses – borreliosis and European tick-borne encephalitis]. Praxis (Bern 1994). 2015 Jul 22;104(15):807-11. doi: 10.1024/1661-8157/a002076. Review in Deutsch.
  • Kaiser R. [Update tick-borne encephalitis]. MMW Fortschr Med. 2009 Mar 12;151(11):38-9. Review in Deutsch.
  • Amicizia D, Domnich A, Panatto D, Lai PL, Cristina ML, Avio U, Gasparini R. Epidemiology of tick-borne encephalitis (TBE) in Europe and its prevention by available vaccines. Hum Vaccin Immunother. 2013 May;9(5):1163-71. doi: 10.4161/hv.23802. Epub 2013 Feb 1. Review.
  • Demicheli V, Debalini MG, Rivetti A. Vaccines for preventing tick-borne encephalitis. Cochrane Database Syst Rev. 2009 Jan 21;(1):CD000977. doi: 10.1002/14651858.CD000977.pub2. Review.
  • Roche Lexikon Medizin. 5. Auflage. München/Jena 2003: Urban & Fischer-Verlag. ISBN 3-437-15072-3.
  • Willibald Pschyrembel: Klinisches Wörterbuch. 266. Auflage. Berlin 2014: Walter de Gruyter-Verlag. ISBN-10: 3110339978.
  • Wolfgang Piper: Innere Medizin. 2. Auflage. Stuttgart 2012: Springer-Verlag. ISBN-10: 3642331076.
  • Gerd Herold: Innere Medizin. Köln 2016: Herold-Verlag. ISBN-10: 3981466063.

Borreliose Verlauf der Erkrankung

Borreliose Krankheitsverlauf

Der Verlauf einer Borreliose ist anfanges wenig auffällig. Häufig breiten sich die Bakterien unbemerkt im Körper aus, ohne dass es zu eindeutigen Symptomen kommt.

Das kann sich jedoch schnell ändern, wenn im weiteren Verlauf der Borreliose die Erreger das Nervensystem und innere Organe zu schädigen beginnen.

Eine fortgeschrittene Borreliose ist mit erheblichen Beschwerden verbunden und nur noch schwer zu behandeln.

Borreliose Verlauf
Lyme Borreliose nach Zeckenbiss durch Borrelien, 3D illustration – Copyright: Tyrannosaurus bigstockphoto

Daher ist eine möglichst frühzeitige Erkennung und Behandlung wichtig, da diese ein komplikationsloses Abheilen möglich macht.

Borreliose – Grundsätzliches zum Krankheitsverlauf

Als Borreliose bezeichnet man eine Infektion mit schraubenförmigen Bakterien, sogenannten Spirochäten. Borrelia burgdorferi sitzt im Mitteldarm von Zecken, bei uns vor allem des Holzbockes (Ixodes ricinus).

Hat die Zecke ein Opfer gefunden, können die Bakterien über das Sauginstrument des Tieres in die Wunde und damit in die Blutbahn gelangen. Je länger die Blutmahlzeit dauert, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit einer solchen Übertragung.

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Wichtig:

  • Verfallen Sie nicht gleich in Panik, wenn Sie eine Zecke gebissen hat!
  • Je früher Sie den Blutsauger bemerken und entfernen, desto unwahrscheinlicher ist eine Übertragung.
  • Bedenken Sie zudem, dass längst nicht alle Zecken mit Borrelien infiziert sind, nicht einmal in den gefährdeten Gebieten. Selbst bei einer infizierten Zecke liegt die Übertragungswahrscheinlichkeit bei maximal sechs Prozent.
  • Meistens wird das körpereigene Immunsystem mit den Erregern fertig, sodass viele Menschen Antikörper gegen Borrelien aufweisen, ohne sich an einen Zeckenbiss erinnern zu können.
  • Schätzungen zufolge erkranken lediglich 0,5 – 1,5 Prozent der von einer Zecke gebissenen Personen an einer Borreliose.
  • Erkennt und behandelt man die Borreliose frühzeitig, heilt die Infektion komplikationslos ab.

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Heimtückischerweise macht sich eine Infektion mit Borrelien nicht unbedingt bemerkbar, sodass man sie nicht erkennt und nicht behandelt. Dann breiten sich die Bakterien unbemerkt im Körper aus und schädigen im weiteren Verlauf der Borreliose vor allem Nervensystem, Herz und Gelenke.

[tds_info]Gut zu wissen: Eine Impfung gegen Borreliose ist bislang nicht möglich.[/tds_info]

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Borreliose Verlauf – Das Wichtigste auf einen Blick!

  1. Borreliose ist eine Infektion mit Borrelien. Die Bakterien werden durch den Biss einer Zecke übertragen und vermehren sich im Körper.
  2. Die anfänglichen Symptome sind wenig spezifisch, sodass die Borreliose gerade zu Anfang selten diagnostiziert wird. Nach und nach breiten sich die Borrelien weiter aus und befallen innere Organe.
  3. Besonders heimtückisch ist der Befall des Nervensystems, eine Neuroborreliose, oder des Herzens in Form einer Herzborreliose.
  4. In weit fortgeschrittenen Stadien nehmen die Beschwerden im Nervensystem immer weiter zu. Hinzu kommen schwere Gelenksentzündungen in Form einer Lyme-Arthritis.
  5. Je früher eine Borreliose erkannt wird, desto besser sind die Heilungschancen. Einmal aufgetretene Schäden an Nerven und inneren Organen sind nicht mehr reversibel.

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Verlauf der Borreliose:

Frühstadium

Die ersten Anzeichen im Frühstadium einer Borreliose sind so unspezifisch, dass kein Arzt sie sicher diagnostizieren kann. Wie bei vielen Infektionskrankheiten äußert sie sich ähnlich wie ein beginnender grippaler Infekt mit

  • Müdigkeit
  • Erschöpfung
  • Abgeschlagenheit
  • Kopf- und Gliederschmerzen
  • Fieber
  • geschwollene Lymphknoten.

Bemerken Sie auf Ihrer Haut eine kreisrunde Rötung, die sich langsam ringförmig ausbreitet, sollte Sie das unbedingt misstrauisch machen. Diese sogenannte Wanderröte (Erythema migrans) tritt allerdings nur in etwa 50 – 70 Prozent der Infektionen auf. Sie zeigt, dass sich die Bakterien ausgehend von der Einstichstelle der Zecke im Zentrum konzentrisch in der Haut ausbreiten und die charakteristischen Entzündungserscheinung hervorrufen, die durch das alarmierte Immunsystem zustande kommt.

Mit einer Wanderröte sollten Sie unbedingt einen Arzt aufsuchen, der das weiter untersucht. Stellt er tatsächlich das Frühstadium einer Borreliose fest, wird er Sie für bis zu vier Wochen mit Antibiotika behandeln. Doxycyclin oder Amoxicillin töten in diesem Stadium die Bakterien zuverlässig ab, sodass Sie die Plagegeister ein für allemal los sind und die Infektion ohne weitere Beeinträchtigungen abheilt.

Borreliose: Streustadium

Im Streustadium der Borreliose breiten sich die Bakterien Wochen und Monate nach dem Zeckenbiss immer weiter im Körper aus. Ihr bevorzugter Aufenthaltsort ist immer noch die Haut – dadurch stellen sie sicher, dass eine beissende Zecke sich damit infiziert. Dieser Übertragungsweg über den Menschen ist für die Borrelien weniger interessant als der über andere Zwischenwirte.

In diesem Stadium herrschen immer noch grippeähnliche Symptome vor. Hinzu kommen Beschwerden, die durch eine Beteiligung von Herz und/oder Nervensystem zustande kommen. Daher spricht man von einer Herzborreliose oder Nervenborreliose (Neuroborreliose).

Die Neuroborreliose geht von Hirnhäuten und Rückenmarkshäuten aus (Lyme-Meningitis). Diese darf man nicht mit der Frühsommermeningoenzephalitis (FSME) verwechseln, die ebenfalls von Zecken übertragen, aber von Viren hervorgerufen wird. Im weiteren Verlauf kommt es zu Entzündungen der Nervenwurzeln (Meningopolyneuritis und Bannwarth-Syndrom).

Diese Entzündungen führen mitunter zu Lähmungserscheinungen, wie sie vor allem bei der mimischen Muskulatur des Gesichtes durch Beteiligung des Gesichtsnerven (Nervus facialis) auffällig werden. Bei einer Lähmung dieses Nervs erstarren die Gesichtsmuskeln und oft hängt ähnlich wie bei einem Schlaganfallpatienten ein Mundwinkel schlaff herunter.

Bei der Herzborreliose (Lyme-Karditis) entzündet sich der Herzmuskel (Myokard – Myokarditis), was zu Herzrhythmusstörungen führt. Ebenso kann es zu Entzündungen des umgebenden Herzbeutels (Perikard) kommen (Perikarditis).

Spätstadium

Das Spätstadium der Borreliose ist durch einen zusehends schweren Krankheitsverlauf gekennzeichet. Hier spielt vor allem eine fortschreitende Beteiligung des Nervensystems eine Rolle. Immer mehr Nervenschäden führen zu zunehmenden Lähmungserscheinungen (Paresen) durch Entzündungen des Gehirns (Enzephalitis) und des Rückenmarks (Myelitis). Daher spricht man hier von einer progressiven Enzephalomyelitis. Sie ähnelt den Beschwerden einer Multiplen Sklerose (MS).

Hinzu kommen chronische Hautveränderungen in Form der Herxheimer-Krankheit (Acrodermatitis chronicum atrophicans). Das Unterhautgewebe wird vor allem an den Extremitäten durch infiltrierende Lymphozyten abgebaut, sodass die Haut papierartig dünn wird, die Gefäße durchscheinen und sich Verfärbungen ausbilden.

Quellen, Links und weiterführende Literatur

  • Norbert Satz: Klinik der Lyme-Borreliose. 3. Auflage. Göttingen 2013: Verlag Hans Huber/Hogrefe. ISBN 978-3-456-84763-4.
  • Petra Hopf-Seidel: Krank nach Zeckenstich: Borreliose erkennen und wirksam behandeln. MensSana Taschenbuch. München 2008: Droemer Knaur-Verlag. ISBN-10 3426873923.

Borreliose durch Zecken

Übertragung, Symptome, Verlauf, Prognose, Therapie von Borreliose nach dem Zeckenbiss

Fachliche Mitarbeit: Dr. Harald Stephan, überarbeitet am 12. Januar 2020

Borreliose ist eine durch Zecken verursachte bakterielle Infektion. Sie verläuft zwar nicht tödlich, kann für die betroffenen Patienten aber außerordentlich unangenehm sein und ein lebenslang anhaltendes Krankheitsbild verursachen, wenn man nicht frühzeitig eine Therapie einleitet.

Ixodes hexagonus (aka)
Bild von André Karwath aka Aka (Eigenes Werk) [CC-BY-SA-2.5 (http://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5)], via Wikimedia Commons

Lyme-Borreliose durch Zecken

Die Lyme-Borreliose hat ihren Namen von dem kleinen US-amerikanischen Ort Lyme erhalten, in dem 1975 erstmals ein Zusammenhang zwischen Zeckenstichen und gehäuftem Auftreten von Gelenkentzündungen hergestellt werden konnte.

Übertragung der Lyme-Borreliose

Wie der Name bereits vermuten lässt verursachen die namengebenden Bakterien diese Infektion. Bei Borrelien handelt es sich um schraubenförmige, mit 30 µm sehr große gram-negative Bakterien aus der Gruppe der Spirochäten.

Borrelien Bakterien
Borrelien Bakterien im Blut / bigstockphoto.com/ Copyright: Kateryna Kon

Benannt wurden sie zu Ehren des französischen Bakteriologen Amédée Borrel, einem Mitarbeiter des legendären Institute Pasteur.

Als natürliche Wirte dienen ihnen vor allem kleine Vögel, Mäuse und andere Nagetiere, die im Gegensatz zum Menschen bei einem Befall nicht erkranken.

Auf den Menschen gelangen sie durch tierische Überträger, sogenannte Vektoren. Dabei handelt es sich fast ausschließlich um Zecken. Wie an den acht Beinen zu erkennen zählen Zecken zu den Spinnentieren. Die Übertragung von Borrelien verdanken wir vor allem dem Großen Holzbock (Ixodes ricinius).

Ixodes sind Überlebenskünstler. Unter Laborbedingungen konnten Tiere bis zu zehn Jahre ohne Nahrung auskommen. Entgegen landläufiger Meinung sitzen sie in der Natur nicht auf Bäumen und lassen sich auf ihre Opfer fallen, sondern sie warten auf Sträuchern und Büschen auf vorübergehende Säugetiere, die sie im Vorübergehen abstreifen und an denen sie sich festsetzen.

Zur Erkennung eines Wirtes nutzt die Zecke das sogenannte Hallersche Organ an den Vorderbeinen, mit dessen Hilfe sie Temperatur und Kohlendioxid eines Tieres oder Menschen wahrnehmen können. Ähnlich wie bei den Stechmücken sind es auch bei Zecken nur die Weibchen, die Blut für die Aufzucht ihrer Nachkommen benötigen.
Hat die Zecke einen Wirt gefunden, sucht sie eine Stelle, an der sie sich festsaugen kann. Vor allem die geschützten Bereiche von Kniekehlen, Armachseln oder Schritt haben es ihr angetan.

Zecke in der Wohnung
Ansicht Zecke – Copyright: Steven Ellingson, Bigstockphoto

Mit den beiden Cheliceren (Kieferklauen) ihres Stechapparates bohren sie ein Loch in die Haut des Opfers. In dieses wird das Hypostom (Stechrüssel) eingeführt, mit dessen Widerhaken sich die Zecke an ihrem Opfer festsetzt.

Der Speichel der Zecke enthält ein «Betäubungsmittel», das dafür sorgt, dass der Stich unbemerkt bleibt. Ein blutgerinnungshemmendes Mittel hält die Wunde offen, sodass die Zecke ausreichend Zeit hat, ihre Mahlzeit abzuschließen. Das kann mehrere Tage dauern. Der Hinterleib der Zecke schwillt durch das Blut immens an. Durch das Blut erreicht das Tier das 200-fache seines Normalgewichtes.

Borrelien hausen im Mitteldarm der Zecke. Daher dauert es relativ lange, bis eine Übertragung in die Wunde erfolgt. Dementsprechend wächst die Gefahr einer Borrelieninfektion mit zunehmender Dauer. Entsprechend wichtig ist eine rechtzeitige Entfernung des Blutsaugers. Ansonsten gelangen die Erreger in die Blutbahn und beginnen ihr unheilvolles Werk.

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Dr. Barop, Neurologe aus Hamburg

Bei Zeckenbiss Borreliose erkennen

 

Häufigkeit der Borreliose

Das Leibniz-Institut für Länderkunde nutzt alljährlich die Abrechnungen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, um den Nationalatlas der Lyme-Borreliose-Infektionserkrankungen zu aktualisieren. Aus den erhobenen Daten geht hervor, dass das Erkrankungsrisiko starken regionalen Schwankungen unterliegt. Gegen Osten und gegen Süden nimmt die Zahl der dokumentierten Fälle deutlich zu, vor allem im Osten der Neuen Bundesländer und Bayerns. Nach Schätzungen erkranken in der BRD jährlich 100.000-200.000 Menschen neu.

Die meisten Infektionen treten zu den Hauptaktivitätszeiten der Zecken auf. Das ist von März bis Oktober der Fall, da Zecken bereits ab einer Temperatur von 10°C aktiv werden, besonders aber zwischen Juni und August.

Nicht alle Zecken enthalten Borrelien. Man geht davon aus, dass das in Deutschland nur bei zwischen fünf und fünfunddreißig Prozent der Tiere der Fall ist, abhängig von der Region.

Wird man von einer Zecke gebissen, liegt das Infektionsrisiko bei 1,5 bis 6 Prozent. In den meisten Fällen sorgt die körpereigene Immunabwehr dafür, dass die Borrelien auf Dauer keine Chance haben, sich dauerhaft zu vermehren. Daher ist etwa ein Viertel der deutschen Bevölkerung seropositiv für Borrelien, ohne dass sie jemals an einer Borreliose gelitten hätten.

«Die manifesten Symptome der Lyme-Borreliose treten lediglich bei 0,3 bis 1,4 Prozent der gestochenen Personen auf.»

 

Borreliose Symptome

Charakteristische Symptome im Verlauf der Lyme-Borreliose

Die ersten Symptome einer Lyme-Borreliose lassen einige Tage oder Wochen auf sich warten. Meistens äußert sie sich in unscheinbaren «grippeähnlichen Symptomen» wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen, geschwollenen Lymphknoten und Mattheit. Schmerzende Muskeln und Gelenke können hinzukommen.

Besonders verräterisch ist das Erythema migrans, die Wanderröte, die sehr typisch für die Borreliose ist. Ausgehend von der Einstichstelle kommt es zu einer nicht schmerzenden und nicht juckenden Hautrötung. Mit einem scharf umrissenen konzentrischen Ring entfernt sich diese immer weiter von der zentralen Stelle. Wenn ein Arzt diese Wanderröte sieht, wird er sogleich auf eine Borreliose tippen. Tritt sie nicht auf, ist die Gefahr groß, dass die Krankheit unerkannt bleibt.

Im Zeitraum von Wochen und Monaten breiten sich die Erreger immer weiter im Körper aus. Neben den nach wie vor grippeähnlichen Symptome werden nun auch Herz und Nervensystem geschädigt.

Man spricht daher auch von einer Herzborreliose beziehungsweise Neuroborreliose.

Bei der Herzborreliose entzünden sich Herzmuskel und Herzbeutel (Myokarditis, Perikarditis). Die Neuroborreliose zeichnet sich durch entzündliche Vorgänge an den Nervenwurzeln und Hirnhäuten aus (Meningopolyneuritis, Bannwarth-Syndrom).

Oft ist der Fazialisnerv (Nervus facialis) betroffen, der die Gesichtsmuskeln innerviert. Als Folge ist die mimische Muskulatur gelähmt und ein einzelner Mundwinkel hängt herab.

Zusätzlich kann sich die mittlere Augenhaut entzünden (Uveitis). Sehr selten tritt eine Lymphadenosis cutis benigna auf mit fleckigen Hautrötungen an den Ohrläppchen, Brustwarzen und Genitalien.

Monate bis Jahre nach der Infektion kommt es zu zunehmenden Beeinträchtigungen des Nervensystems bis hin zur progressiven Enzephalomyelitits mit Lähmungserscheinungen. Die schmerzhafte Lyme-Arthritis schädigt das Knie oder andere Gelenke.

 

Prognose der Lyme-Borreliose

Eine einmal erfolgte Infektion mit Borrelien sorgt für die Bildung spezifischer Antikörper. Leider schützen die nicht vor einer neuerlichen Infektion, sodass sich das unschöne Spiel mehrfach wiederholen kann.

Dementsprechend gibt es auch «keinen Impfschutz» gegen die Infektion. In den USA hat man einen rekombinant hergestellten Impfstoff auf Grundlage des Oberflächenproteins OspA nach einiger Zeit wieder vom Markt genommen.

Heidelberger Wissenschaftler arbeiten zurzeit an einem neuen OspA-basierten Impfstoff, der vor dem Zeckenstich wirksam wird: Gelangen die Antikörper mit dem ersten Blut in den Darm der Zecke, töten die Antikörper die dort ansässigen Borrelien ab, sodass diese keinen Schaden mehr anrichten können. Noch ist dieser Impfstoff nicht zugelassen.

Wird eine Lyme-Borreliose frühzeitig erkannt und behandelt, ist eine vollständige Heilung problemlos möglich.

Je weiter die Krankheit fortgeschritten ist, desto schwieriger wird die Behandlung, da bereits eingetretene Schädigungen an Herz und Nerven nicht mehr rückgängig gemacht werden können.

 

Therapie der Lyme-Borreliose

«Wenn die Therapie frühzeitig beginnt, kann die Infektion durch die Gabe von Antibiotika beendet werden.» Zum Einsatz kommen Doxycyclin, Amoxicillin, Cefotaxim oder Ceftriaxon, die oral oder intravenös verabreicht werden.

Die Borreliose Behandlung muss über einen relativ langen Zeitraum erfolgen, da die Borrelien einen langen Generationszyklus haben. Man vermutet zudem, dass sich einige Exemplare an Stellen zurückziehen, die für Antibiotika schlecht zugänglich sind wie das Bindegewebe. Mindestens zwei, besser noch drei Wochen sollte man hierfür einplanen, wenn man ganz sichergehen will.

Bei Kindern unter neun Jahren wird der Einsatz von Doxycyclin vermieden, da dieses sich in Knochen und Zähnen einlagert und so deren Wachstum beeinflusst. Ebenso sieht man von einem Einsatz in der Schwangerschaft ab, da das Antibiotikum fruchtschädigend wirkt. Stattdessen werden bei Kindern und Schwangeren Amoxicillin, Penicillin G oder Ceftriaxon verwendet.

Oftmals wird eine prophylaktische Antibiotikabehandlung vorgeschlagen. Das ist genauso unsinnig wie die Empfehlung, die entfernte Zecke auf Borrelien untersuchen zu lassen. Selbst wenn Borrelien in den Blutkreislauf gelangen, kommt es nur in seltenen Fällen zu einer manifesten Infektion.

Autor: Dr. Harald Stephan
Literatur:
Petra Hopf-Seidel: Krank nach Zeckenstich: Borreliose erkennen und wirksam behandeln. Knaur MensSana Taschenbuch 2008. ISBN-10 3426873923

 

weiterlesen: Borreliose Symptome

 

Behandlungstipps für die Patienten

Leiden Sie an einer Borreliose durch Zeckenbisse, erhält deren Behandlung eine hohe Priorität. Sie unterscheidet sich im Spätstadium nur geringfügig von der frühen Therapie. Jedoch bedenken Sie, dass der Behandlungserfolg bei längerer Krankheitsdauer sinkt. Zudem kommt es unter Umständen zu irrreparablen Organschäden. Verteilten sich die Borrelien bereits im Organismus, dauern die Gegenmaßnahmen zwei bis vier Wochen. Im Frühstadium reicht in der Regel eine zweiwöchige Therapie. Bei der zweiten und dritten Krankheitsphase spritzen die Mediziner die Antibiotika direkt in die Blutbahn der Patienten.

Redaktionstipp: wertvolle Einblicke bietet diese >> Selbsthilfegruppe Borreliose

Ein sicherer Schutz gegen Borreliose stellt deren Vorbeugung dar. Die Erreger verbergen sich vor der körpereigenen Immunabwehr der Wirte. Daher existiert keine sichere Impfung für die gesundheitliche Komplikation. Damit die Bakterien nicht in Ihren Körper gelangen, entfernen Sie die Zecken besser frühzeitig. Beseitigen Sie die Parasiten, bevor sie den Saugprozess beenden, sinkt das Risiko der Erkrankung. Ebenso bewährt es sich, Zeckenschutzmittel zu verwenden.

Neben Insektenspray helfen pflanzliche Öle gegen die Spinnentierchen. Tupfen Sie Lavendel- oder Nelkenöl auf Ihr Schuhwerk, vermeiden die Zecken den Kontakt mit den Textilien.